Der erste vogelkundliche Spaziergang in Eschenz war sehr gut besucht

13.02.2024

Die beiden Ornithologen staunten nicht schlecht: Fanden sich doch am Sonntag, 4. Februar 2024 kurz nach 8.00 rund 50 interessierte Personen am Bahnhof Eschenz ein.

Aufgeteilt in zwei Gruppen bewegten sich die Teilnehmer/innen auf unterschiedlichen Routen Richtung Nilibucht. Jakob Rohrer aus Altnau zeigte seiner Gruppe als erstes einen Gartenbaumläufer. Die andere Gruppe, geführt von Johannes Hanhart aus Mammern, konnte durch das Spektiv einen Mäusebussard auf freiem Feld beobachten. Unterschiedliche Schwanzformen und andere Erkennungsmerkmale der Greifvögel wurden erklärt. Auch wies er auf die Wichtigkeit der Hochstammobstbäume als Brutmöglichkeiten und Futterquelle für Drosselarten hin, zu denen ebenfalls die Amsel gehört. Die Gruppe mit Johannes Hanhart bemühte sich am Auerbach redlich, den Erlenzeisig zu entdecken: Dieser sass seelenruhig in nächster Nähe regungslos da und bewegte höchstens mal seinen Kopf: «So nahe werdet ihr einen Erlenzeisig kaum je wieder sehen», erwähnte ein erfahrener Teilnehmer. Jakob Rohrer wiederum entdeckte einige Zeit später in den Erlen am Auerbach mehrere Stieglitze (Distelfinken). Diese sind an ihrer roten Gesichtsmaske und im Flug an ihrem breiten, gelben Flügelspiegel gut erkennbar. Am gleichen Ort hatte ein Starenpaar bereits seine Bruthöhle gefunden und turtelte davor herum. Jakob Rohrer führte dies auf Anpassungen an die milden Winter zurück. Stare, die nicht mehr wegziehen, können früher die besten Nistplätze besetzen und verschaffen sich dadurch Vorteile. In der Nilibucht rasten im Winter regelmässig viele Reiherenten. Deren Männchen sind an ihrer schwarz-weissen Zeichnung, dem rundlichen Kopf mit dem schwarzen Schopf und den stechend gelben Augen gut erkennbar. Die Weibchen tragen ein dezenteres braun-grau-schwarzes Gefieder mit der gleichen Zeichnung. Oft sind sie in Gesellschaften mit Tafelenten anzutreffen, deren Männchen mit dem rostroten Kopf und dem gräulich-weissen Rumpf wiederum einfacher zu erkennen sind als die Weibchen mit ihren Tarnfarben. Beide Entenarten tragen gegenwärtig das Prachtkleid, sind Tauchenten und fressen Muscheln. Sie sind nur im Winter bei uns und brüten in nördlicheren Ländern. Die Ornithologen betonen die grosse Verantwortung der Schweiz für diese Wintergäste, da ein grosser, teilweise ein sehr grosser Anteil der europäischen Populationen bei uns überwintert. Die beiden Experten des Natur- und Vogelschutzvereins Steckborn und Umgebung (NVS) wiesen uns auf eine weitere Entenart hin: Schellenten, von denen ein paar Exemplare gesehen werden konnten, sind am Untersee meist nur in kleinen Gruppen anzutreffen. Das auffällige Balzverhalten der Männchen (sie werfen den Kopf in den Nacken) hat bereits begonnen. Die Schönheit der Schnatterenten (nur als Wintergäste bei uns) lässt sich durch den Feldstecher und besonders durch das Spektiv erst richtig erkennen. Sie hatten es vorgezogen, weiter draussen auf dem See zu «gründeln» (kopfüber nach Nahrung suchen). Sie gehören zusammen mit den bekannten Stockenten, die ganzjährig bei uns sind, zu den Schwimmenten. Aufgrund des gegenwärtig hohen Wasserstandes treibt der Hunger die Höckerschwäne aktuell auf die Wiesen zum Gras rupfen. Auf dem Steg zur Insel Werd trafen wir Lachmöwen, diese sind ganzjährig hier anzutreffen. Sie werden demnächst vom jetzigen Schlichtkleid (mit weissem Kopf und dunklem Wangenfleck) ins Prachtkleid mit schwarzem Kopf wechseln. Weil zu den ansässigen Brutvögeln noch Wintergäste aus den Norden kommen, haben wir hier am Untersee und Rhein von verschiedenen Arten im Winter deutlich mehr Vögel als im Sommer, beispielsweise bei Lachmöwen und Blässhühnern. Der kleine Zwergtaucher, der Vogel des Jahres 2024, ist ganzjährig bei uns und wechselt sein Kleid ebenfalls. Falls Sie einen kleinen, plüschig wirkenden, kaum 30 cm grossen Wasservogel sehen, der aussieht wie eine kleine Ente, könnte es ein Zwergtaucher sein. Der Zwergtaucher gehört zu den Lappentauchern, er taucht schnell ab und meistens nach rund 30 Sekunden wieder anderswo auf.

Text: Margrit Brunner